In Zusammenarbeit mit Frau Stephanie Schüler
In dem Seminar sollen verschiedene Methoden der kunsthistorischen Objektanalyse und
Objekterschließung geübt und angewandt werden. Zentraler Gegenstand sind die um 1370
entstandenen Glasmalereien der Stadtpfarrkirche St. Marien in Frankfurt (Oder), die zu den
bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerken in der Mark Brandenburg gehören. Der um 1370
entstandene, sich über die 3 zentralen Chorfenster der Kirche erstreckende Zyklus erlangte große
Bekanntheit wegen des in einem der Fenster behandelten Antichrist-Themas, vor allem aber durch
sein exzeptionelles Schicksal. Denn die Glasmalereien waren 1945 von der Roten Armee in die
Sowjetunion verbracht worden, wurden in einem historischen Moment der politischen Entspannung
dort wiederentdeckt und kehrten in die nach schwerer Kriegszerstörung wiederaufgebaute
Marienkirche zurück. 2022 wird das 20-jährige Jubiläum dieses Ereignisses feierlich begangen. Dies
bildet auch einen Anlass für unser Seminar. Wir werden uns darin zunächst mit Methoden der
‘klassischen’ Objektanalyse nähern, uns mit dem historischen, funktionalen und
räumlich-architektonischen Kontext der Glasmalereien ebenso beschäftigen, wie mit Fragen der
künstlerischen Technik und Materialität. Am Beispiel der Frankfurter Fenster kann man sehr gut
zentrale ikonographische Themen, Bildinszenierungen und Erzählweisen der mittelalterlichen Kunst
kennenlernen. Zudem lässt sich gut üben, wie man z. B. mittels der Lektüre nachmittelalterlicher
Beschreibungen und genauer Objektbetrachtung dem Überlieferungszustand eines Werks auf die
Spur kommt.
In einem zweiten Schritt wird das Seminar in die Methoden und Werkzeuge der digitalen Erschließung
von Kulturgütern einführen. Im Mittelpunkt steht dabei die Fragestellung, wie die zuvor ermittelten
Informationen in eine digitale Form übersetzt und online veröffentlicht werden können. Die Grundlage
dafür bietet das digitale Bildarchiv des Corpus Vitrearum Medii Aevi (CVMA), eines internationalen
Projektes, das sich mit der Erfassung und Erforschung mittelalterlicher Glasmalerei beschäftigt und
sich auch für deren digitale Repräsentation engagiert. Um die Glasmalereien in ihrem räumlichen
Kontext in interaktiven Online-Präsentationen für ein breites Publikum erschließen zu können, wurde
das digitale Forschungsmodul Mittelalterliche Glasmalereien im Kontext (unter Beteiligung beider
Dozentinnen) entwickelt. Ziel des Seminars ist es, für die Glasmalereien der Marienkirche gemeinsam
eine solche Präsentation zu konzipieren und in Teilen auch selbst zu erstellen.
Es ist ein ganztägiger Ortstermin in Frankfurt (Oder) geplant. Die Sitzungen im Juli werden als
workshopartige Blockveranstaltungen stattfinden, in denen die Online-Präsentation gemeinsam
vorbereitet wird. Die terminliche Koordination dieser mehrstündigen Blocksitzungen kann mit den
Teilnehmenden abgestimmt werden und ggf. auch an anderen Tagen stattfinden. Aufgrund des
zeitlichen Umfangs und der breitgefächerten Zusammensetzung des Seminars aus wöchentlichen
Sitzungen, einer Exkursion und anschließenden Praxisübungen ist die Veranstaltung in der Summe
auf 4 SWS ausgelegt und es können mit der Beteiligung am Seminar zwei Modulbestandteile
(innerhalb der angegebenen Module) absolviert werden. Die Teilnahme ist u. a. wegen der
Pandemievorkehrungen auf 15 Plätze beschränkt.
Einführende Literatur
Corpus Vitrearum Deutschland, Mittelalterliche Glasmalereien im Kontext
[https://corpusvitrearum.de/glasmalerei-im-kontext.html]; Bürger - Pfarrer - Professoren. St. Marien in Frankfurt (Oder) und die
Reformation in Brandenburg, Ausstellungskatalog Frankfurt 2017, hg. v. M. Deiters u. G. Kemmether, Dresden 2017; Der
Antichrist. Die Glasmalereien der Marienkirche in Frankfurt (Oder), hg. v. U. Knefelkamp u. F. Martin, Leipzig 2008; Eva
Frodl-Kraft, Die Glasmalerei. Entwicklung, Technik, Eigenart, Wien/München 1970; Ute Bednarz u.a., Die mittelalterlichen
Glasmalereien in Berlin und Brandenburg (CVMA Deutschland XXII), Berlin 2010, I, S. 405–485, II, Abb. 312–470
[https://corpusvitrearum.de/publikationen/editionen/editionen/cvma-xxii.html].
Im Seminarraum A072
MA KuWi 1, 3a, 5, 7a