Veranstaltung

LV-Nummer 3132 L 560
Beschreibung
Gesamt-Lehrleistung 37,33 UE
Semester SoSe 2022
Veranstaltungsformat LV / Seminar
Gruppe
Organisationseinheiten Technische Universität Berlin
Fakultät I
↳     Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik
↳         31321100 FG Kunstgeschichte, Schwerpunkt Bildkünste
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Ansprechpartner*innen
Walczak, Gerrit
Verantwortliche
Walczak, Gerrit
Sprache Deutsch

Termine (1)


16:00 - 18:00, Fr. 22.04 - 22.07.22, wöchentlich

(
Charlottenburg
)

31321100 FG Kunstgeschichte, Schwerpunkt Bildkünste

37,33 UE
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Form und Formalismus: Kunst im ostdeutschen Sozialismus, 1945–1961
A 060 (Charlottenburg)
Walczak, Gerrit
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Um den Wiederaufbau des Kunstbetriebs bemühten sich ab 1945 alle vier Besatzungsmächte Deutschlands. Nirgends aber wurden Formprobleme mit der gleichen Schärfe angegangen wie in der „sozialistischen Kulturrevolution“ der SBZ und der frühen DDR. Förderte die sowjetische Militäradministation zunächst selbst Vertreter jener Moderne, der sich die UdSSR längst entledigt hatte, so endete diese Toleranz schon 1948 in der sogenannten „Formalismus-Debatte“. Was keine Debatte, sondern eine von der SED über Jahre fortgesetzte Kampagne war, zielte auf das Ersetzen des vermeintlich elitären „Formalismus“ der Moderne durch einen sozialistischen Realismus, der als ein im 19. Jahrhundert verankerter Abbildrealismus definiert wurde. Die Kampagne gegen den „Formalismus“ kulminierte 1953 in der III. Deutschen Kunstausstellung, die erstmals Kunst zeigte, wie sie nach den politischen Vorgaben aussehen sollte und im Nachhinein selbst der DDR-Kunstgeschichte als „engstirnig“ peinlich war.

Der Tod Stalins und der Aufstand des 17. Juni aber sorgten ebenfalls 1953 für eine Zurücknahme von Normen und Zwängen – auch in der Kunst. Für wenige Jahre des „Tauwetters“ wurden versuchsweise Verbindungen von sozialistischem Realismus und gegenständlicher Moderne möglich. Rekurse auf Max Beckmann und Pablo Picasso wurden als „schwierige Scharaden“ (Brecht) zwar beargwöhnt, aber selten durch Repression geahndet. Spätere Vorzeigekünster der DDR wie Willi Sitte oder Werner Tübke schufen in diesen Jahren als beinahe Unbekannte ihre interessantesten Arbeiten. Flächendeckend erhöhter Druck setzte erst ab 1959 wieder mit dem sogenannten Bitterfelder Weg ein, der die Künstler „in die Produktion“ schickte, womit aber bereits ein Umschlag markiert war: sie sollten in den Betrieben deshalb das nötige sozialistische Bewusstsein entwickeln, weil die Kulturpolitiker der SED ihnen keine Vorschriften zur formalen Gestaltung mehr zu machen wussten, solange irgendwie gegenständlich gemalt wurde. An diesem Zustand sollte sich letztlich bis 1989 nichts mehr ändern, der sozialistische Realismus wurde als „Methode“ definiert, nicht mehr als Stil.

Im Seminar sollen die wichtigsten Phasen und künstlerischen Ergebnisse der Kunstpolitik in der SBZ und DDR zwischen Kriegsende und Mauerbau in den Blick genommen werden – als eine schwierige Hinterlassenschaft, deren Status in der gesamtdeutschen Nachkriegskunstgeschichte nach dreißig Jahren noch immer in Frage steht.

Literatur: Literatur: Lynette Roth (Hrsg.), Inventur: Art in Germany, 1945–1955, Ausst.-Kat. Cambridge, MA, Harvard Art Museum, New Haven/London 2018; Karl-Siegbert Rehberg u. a. (Hrsg.), Abschied vom Ikarus: Bildwelten der DDR, neu gesehen, Ausst.-Kat. Weimar, Neues Museum, Köln 2012; Eckhart Gillen, Feindliche Brüder: Der Kalte Krieg und die deutsche Kunst 1945-1990, Berlin 2009; Stephanie Barron u. a. (Hrsg.), Kunst und Kalter Krieg: Deutsche Positionen 1945-89, Ausst.-Kat. Los Angeles, Nürnberg und Berlin, Los Angeles County Museum, GMN und DHM, Köln 2009; Maike Steinkamp, Das unerwünschte Erbe: Die Rezeption »entarteter« Kunst in Kunstkritik, Ausstellungen und Museen der SBZ und frühen DDR, Berlin 2008; Eckhart Gillen, Das Kunstkombinat DDR: Zäsuren einer gescheiterten Kunstpolitik, Köln 2005; Eugen Blume, Roland März (Hrsg.), Kunst in der DDR: Eine Retrospektive, Ausst.-Kat. Berlin, Nationalgalerie, Berlin 2003; Karl-Siegbert Rehberg und Paul Kaiser (Hrsg.), Enge und Vielfalt: Auftragskunst und Kunstförderung in der DDR, Hamburg 1999; Monika Flacke (Hrsg.), Auftrag: Kunst, 1949–1990. Bildende Künstler in der DDR zwischen Ästhetik und Politik, Ausst.-Kat. Berlin, DHM, Berlin 1995

BA-KulT KuWi 3; MA-KuWi 2