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Einmal auf das Thema aufmerksam geworden, ist man überrascht, wie viele Hinrichtungsszenen man in Kunstmuseen findet. Nicht wenige von ihnen (man denke etwa an die berühmten Erschießungsbilder Goyas und Manets) gehören zu den Ikonen neuzeitlicher Malerei. Bezeugen Hinrichtungsbilder in religiösen Kontexten die Illegitimität heidnischer Rechtssysteme und die Heiligkeit der auf eine „höhere“ Gerechtigkeit bauenden Märtyrer, so spielt das Thema seit der Renaissance eine wichtige Rolle in der Herausbildung eines neuen säkularen „Raums juridischer Sichtbarkeit“ (Claudia Blümle). Mit der Verbreitung druckgrafischer und fotografischer Vervielfältigungstechniken erfährt dieser Raum signifikante Erweiterungen und Verschiebungen. Als im Laufe des 19. Jahrhunderts reale Hinrichtungen mehr und mehr den Blicken entzogen werden, verändert sich auch die beglaubigende Funktion des Hinrichtungsbildes. Im diachronen Vergleich wollen wir untersuchen, wie dieser Bildypus im Spannungsfeld von Dramatisierung und Distanzierung, Affirmation und Kritik Öffentlichkeit erzeugt. Dabei wollen wir die hier besonders intensive Korrespondenz zwischen dem Bild und seinem Sujet als sich wandelnde Konstellation in den Blick nehmen. Die gezeigte Hinrichtung mag per Schwert, per Guillotine oder per Drohne erfolgen: Die Betrachtenden werden zu Zeugen der Exekution, die KünstlerInnen, die deren Darstellung ausführen, zu ästhetischen Vollstreckern eines Urteils. Wir wollen also nicht nur die ikonographischen Traditionen dieses besonderen Bildtypus verfolgen, sondern zugleich auch über seine rezeptionsästhetischen und bildtheoretischen Implikationen nachdenken.
Dozentin: Astrid Zenkert
Im Seminarraum A072
BA KuWi 2, 3, 4, 5