Die Assoziationen zum Begriff der Zwanziger Jahre sind vielfältig. Man denkt in Verbindung mit der Architektur an Art Déco und Expressionismus ebenso aber auch an Neue Sachlichkeit, den International Style und natürlich das 1919 in Weimar gegründete, Mitte der 20er Jahre nach Dessau übergesiedelte Bauhaus. Aufgabe des Seminars wird es sein, anhand ausgewählter Architekten und Objekte die verschiedenen Strömungen aufzuzeigen und zu analysieren. Dabei richtet sich der Blick keinesfalls nur auf realisierte Bauwerke, sondern zugleich auf utopische Entwürfe wie jene der „Gläsernen Kette“ um Bruno Taut. Zu den wesentlichen Bauaufgaben gehörte der Wohnungs- und Siedlungsbau, für den innovative Lösungen geschaffen wurden und der einen der Schwerpunkte des Seminars darstellen wird. Als Reaktion auf die desolaten Verhältnisse im Massenwohnungsbau des 19. Jahrhunderts mit schlecht belichteten, feuchten Hinterhöfen entstand ab dem Beginn des neuen Jahrhunderts eine Reihe von Großsiedlungen in Berlin, mit denen sich eine neue Ästhetik und soziale Verantwortung verbanden. Nach Plänen namhafter Architekten wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Hans Scharoun und insbesondere Bruno Taut als künstlerischem Berater der GEHAG (Gemeinnützige Heimstätten-, Spar- und BauAktiengesellschaft) wurden in Berlin durchgrünte Mustersiedlungen mit Gemeinschaftseinrichtungen an der städtischen Peripherie errichtet, von denen sechs jüngst in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurden. Walter Gropius postulierte für die moderne, internationale Architektur „eine veränderte Baugestalt, die nicht um ihrer selbst willen da ist, sondern aus dem Wesen des Baus entspringt, aus seiner Funktion, die er erfüllen soll.“ (W. Gropius, 1924) Welcher Art und Gestalt diese Architektur ist, inwieweit sich länderspezifische Ausprägungen zeigen bei Vergleichen von Objekten in Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Deutschland und welche theoretische Auseinandersetzung um die Architektur dieses Jahrzehnts entstand – das sind Fragen, die im Seminar zu erörtern sein werden.
Literatur zur Einführung:
Wolfgang Pehnt, Die Architektur des Expressionismus, Stuttgart 1973; Leonardo Benevolo, Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 2: Die moderne Bewegung, München 1978; Vittorio Magnago Lampugnani und Romana Schneider (Hg.), Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Stuttgart 1994; John Zukowsky (Hg.), Architektur in Deutschland 1919-1939. Die Vielfalt der Moderne, München u.a. 1994; Joseph Buch, Ein Jahrhundert niederländischer Architektur 1880-1990, München 1997; Wolfgang Pehnt, Deutsche Architektur seit 1900, München 2005.
Hinweis:
Das Seminar wird weitgehend vor Ort stattfinden.
BA KuWi BA KulT 3, BA KulT 7
31321100 FG Kunstgeschichte der Vormoderne mit dem Schwerpunkt Materialität
Mi. 20.04.22, 10:00 - 12:00
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