Living the Informal City: Urban Development in Southeastern Europe
Ausfransende Stadtränder, hohe Bebauungsdichten in den Innenstädten, überlastete Verkehrs- und fehlende soziale Infrastruktur, halbfertige Wohn- und Gewerbegebäude, Dachaufbauten, überformte öffentliche Räume – Stadtentwicklung in Südosteuropa spielte sich in den 1990er und 2000er Jahren in einer Phase ab, in der Regulierung oft nur schwach ausgeprägt war und planerische Instrumente selten zum Zuge kamen. Entsprechend haben informelle Bautätigkeiten deutliche Spuren in den jeweiligen Stadtlandschaften hinterlassen. In jüngerer Zeit steht Stadtplanung in der Region vor allem vor der Aufgabe einer „Reformalisierung“ und der nachträglichen Etablierung von städtebaulichen Standards.
Gleichzeitig überwiegt im (westeuropäischen) stadtplanerischen Diskurs eine positive Einschätzung von Informalität. Informellen Planungsinstrumenten und -praktiken wird, unter anderem, das Potential zugeschrieben, bürgernäher zu sein und schneller auf neue Herausforderungen reagieren zu können.
Vor diesem Hintergrund will das Projektseminar anhand eines konkreten Stadtraums, erstens, Praktiken und Prozesse informeller Stadtentwicklung analysieren und nachzeichnen: Wie kam es zu Informalität? Welche städtebaulichen Muster haben sich etabliert? Wer waren und sind treibende Akteure? Darauf aufbauend soll zweitens untersucht werden, wie informelle Stadtentwicklung die konkreten Lebens- und Arbeitsbedingungen vor Ort heute beeinflusst: Wo liegen Herausforderungen und Konfliktlinien? Wo haben sich denkbare Potentiale informeller Stadtentwicklung realisiert? Drittens will das Projektseminar die gegenwärtigen Bemühungen zur Reformalisierung nachzeichnen und konzeptionell begleiten.
Grundlage hierfür ist eine intensive Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Literatur zu Informalität als stadtökonomisches und -soziologisches Phänomen sowie mit Theorien u.a. der post-sozialistischen Stadtentwicklung.
Als Untersuchungsraum wird sich das Projekt aller Vorrausicht auf Prishtina, der Hauptstadt des Kosovos, fokussieren. Die endgültige Entscheidung kann pandemiebedingt aber erst im Laufe des Wintersemesters fallen. Geplant sind eine Kurzexkursion zum Ende des Wintersemesters sowie ein längerer Aufenthalt vor Ort im Rahmen der Projektwoche im Sommersemester.
Generell dient das Wintersemester der Erarbeitung der theoretischen Grundlagen und der Analyse der Rahmenbedingungen informeller Stadtentwicklung (Projektziel 1); im Sommersemester sollen gegenwärtige Herausforderungen (Projektziel 2) sowie die konzeptionelle Arbeit (Projektziel 3) im Mittelpunkt stehen. In allen Phasen des Projekts werden externe Referenten bzw. Experten vor Ort durch Impulsvorträge und digitale Gespräche mit einbezogen.
FG Stadt- und Regionalökonomie
Institut für Stadt- und Regionalplanung (ISR), 36361500 FG Stadt- und Regionalökonomie
Di. 19.04 - 19.07.22, wöchentlich, 08:00 - 12:00
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