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Hoffmann, Markus
Die Wissenschaftssoziologie interessiert sich für den Zusammenhang zwischen den Bedingungen, unter denen Forschung stattfindet, den Verläufen der Wissensproduktion und ihren Ergebnissen. Sie studiert damit soziale Strukturen und Praktiken, die außerhalb der Wissenschaft selten auftreten und zugleich in dem Maße immer wirkmächtiger werden, wie die Abhängigkeit anderer gesellschaftlicher Bereiche von wissenschaftlichem Wissen wächst. Die Einführung in die Wissenschaftssoziologie gibt einen Einblick in Theorien des Funktionierens und der Entwicklung von Wissenschaft, arbeitet charakteristische Mechanismen in wissenschaftlichen Arbeitsprozessen heraus und diskutiert die Einbettung der Wissenschaft in die Gesellschaft. Die TeilnehmerInnen werden befähigt, wissenschaftliche Arbeitsprozesse und deren Funktionsbedingungen zu analysieren sowie Möglichkeiten der Einflussnahme auf Wissenschaft zu identifizieren.
Grieser, Christopher
Seit den 1970er Jahren setzten sich im Zuge der Einführung des New Public Management (NPM) immer mehr Praktiken der Evaluation und der leistungsabhängigen Mittelvergabe bei Hochschulen und Forschenden durch. Heute prägen Hochschulrankings sowie Metriken wie der Impact Factor zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen. In diesem Seminar wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen die Quantifizierung von Evaluationsprozessen für die Wissenschaft hat. Im ersten Drittel des Seminars werden zunächst Grundlagen der Soziologie der Quantifizierung behandelt, um darauf aufbauend verschiedene Facetten der Metrisierung von Wissenschaft anhand empirischer Studien zu diskutieren.
In dem Seminar geht es nicht darum, Maßzahlen zu berechnen und anzuwenden, sondern um die gesellschaftliche Nutzung von Zahlen in Wissenschaftspolitik und Hochschulwesen. Dementsprechend sind auch keine besonderen Statistik-Kenntnisse zur Teilnahme am Seminar notwendig.
Die Digitalwirtschaft gilt als Pionierbranche des gegenwärtigen Kapitalismus: Ganze Wirtschaftssektoren werden umstrukturiert, mit dem Resultat, dass die führenden Internetkonzerne („Big Tech“) heute zu den wertvollsten Unternehmen der Welt gehören. Die Relevanz der Digitalwirtschaft liegt aber nicht nur in ihrer Größe, sondern vor allem auch ihrem zunehmenden Einfluss auf andere Wirtschaftsbereiche. Ambivalenterweise werden mit der Digitalisierung sowohl Hoffnungen auf eine egalitäre Gesellschaft als auch Ängste vor Überwachung und prekärer Arbeit verbunden.
In dem Seminar werden zunächst grundlegende Theoriekonzepte zur Digitalwirtschaft diskutiert, wie die algorithmische Regulierung von Märkten oder die Funktionsweise von Plattform-Ökonomien. Daran anschließend wird das Vorgehen der großen Internetkonzerne thematisiert. Abschließend wird die Rolle von Konsument:innen und Open Source Communities für die Digitalwirtschaft behandelt. Die Lehrveranstaltung setzt die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit ökonomischen Erklärungsmodellen voraus, Vorkenntnisse in den Wirtschaftswissenschaften sind jedoch nicht notwendig. Das Seminar richtet sich an Master-Studierende und fortgeschrittene Bachelor-Studierende.
Lehmann, Tobias
Wissenschaftliches Wissen und erst recht die Produktion neuen Wissens ist stets mit Unsicherheit behaftet. Neues Wissen muss sich gegen altes durchsetzen, altes gegen neues – und jede Forschung läuft Gefahr, keine oder aber andere als die erhofften Ergebnisse zu produzieren. Auch vermeintlichen Erfolgen ist das zustimmende Urteil anderer noch lange nicht garantiert. Die Möglichkeit des „Scheiterns“ von Theorien, Hypothesen und Methoden ist ein ständiger Begleiter wissenschaftlichen Arbeitens – wird wissenschaftstheoretisch zuweilen idealisiert, von Evaluationsmechanismen tendenziell bestraft und in der Praxis verborgen, bestritten oder vorausschauend vermieden. Wissenschaftliche Reputation kommt aber nur denjenigen zuteil, die Neues leisten. Sie können sich dem Risiko konstitutiver Unsicherheit nicht entziehen.
Wie also navigieren Forschende diese Unsicherheiten in ihrem Forschungsalltag? Auf welche Weise wird über epistemischen Erfolg respektive Scheitern befunden? Wie werden Konflikte um konkurrierende Wissensansprüche ausgetragen? Und lässt sich „aus dem Scheitern lernen“?
Wir diskutieren diesen Problemkomplex aus wissenschaftssoziologischer Perspektive, mit Ausflügen in die Geschichte und Philosophie der Wissenschaft. Behandelt werden klassische Positionen als auch jüngere Diskussionen, etwa im Umfeld der sogenannten „Replikationskrise“ in den Wissenschaften. Kenntnisse der Soziologie werden nicht vorausgesetzt.