Wenn Berlin Konstantinopel wäre: Byzantinische Begegnungen in der Hauptstadt
Seminar
Iñigo Salto Santamaría
BA+MA
BA KuWi 2, 3, 4, 5, 7; MA KuWi 1, 2, 3a, 3b, 4
Donnerstag, 14.00-16.00 Uhr c.t.
Diathek
Was war das Byzantinische Reich?
Eine Antwort darauf findet sich in den Ausstellungsräumen des Bode-Museums. Karten, Schilder, und insbesondere zahlreiche Objekte gewähren dort einen facettenreichen Einblick in die Kultur des oströmischen Reiches, das von der Spätantike bis zur Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 eine wechselvolle, aber kontinuierliche Macht im Mittelmeerraum ausübte.
Ein Besuch der 1895 eingeweihten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz bietet eine andere, vielleicht unerwartete Perspektive auf dieselbe Frage: in der Vorhalle begegnet man einem beeindruckenden Mosaikzyklus, der in bester spätantiken Formsprache die Glorie des deutschen Kaisers Wilhelm I. in einem Meer aus goldenen Mosaiksteinen feiert.
Die genannten Beispiele, von der Museumsinsel bis ins Herz der City West, stehen für zwei verschiedene, aber verwandte Begegnungen mit dem „Byzantinischen“. Viele Orte in unserer Stadt sind sowohl von den materiellen Spuren dieses einst mächtigen Imperiums als auch durch die Erzeugnisse seines künstlerischen, kulturellen und politischen Erbes geprägt.
Im Seminar untersuchen wir solche Orte in Berlin, an denen das byzantinische Reich auf unterschiedliche Weise niedergeschlagen hat: von Museumssammlungen (Bode-Museum) und historisierenden Gebäuden (Kaiser-Gedächtnis-Kirche, Herz-Jesu-Kirche in Prenzlauer Berg, Rosenkranz-Basilika in Steglitz, u.a.) bis hin zu modernen und zeitgenössischen Rezeptionen von Byzanz und seinem Erbe ((Sasha Stone, Wenn Berlin Konstantinopel wäre, ca. 1929; Mark Leckey, Enter Thru Medieval Wounds, 1999-2010, u.a.).
Dabei stehen stets auch die politischen Implikationen dieser Referenzen im Fokus, damals wie heute, nicht nur in Berlin, sondern auch in modernen Nationalstaaten wie der Türkei, Griechenland oder Russland. Ziel des Seminars ist es, durch kritische Lektüre und Diskussionen Objekte, Bauten und Orte zu reflektieren, an denen das kulturelle Erbe des byzantinischen Reiches in Berlin fortlebt.
Das Seminar richtet sich in erster Linie an Studierende ohne Vorkenntnisse über das byzantinische Reich und versteht sich als eine Einführung in das Thema durch eine berlinische Perspektive. Bachelor- wie Masterstudierende sind gleichermaßen willkommen.
Aufgrund begrenzter Plätze vor den Originalen ist die Teilnehmer*innenzahl auf 20 Personen beschränkt. Die Seminarplätze werden bei der ersten Sitzung am 16. Oktober verbindlich vergeben.
Einführende Literatur
Anderson, Benjamin und Mirela Ivanova (Hrsg.): Is Byzantine Studies a Colonialist Discipline? Toward a Critical Historiography. ICMA Books, Viewpoints no. 2. University Park 2023.
Betancourt, Roland: The Exiles of Byzantium. Form, Historiography, and Recuperation, in: Disturbing Times. Medieval Pasts, Reimagined Futures, hrsg. von Catherine E. Karkov, Anna Kłosowska und Vincent W.J. van Gerven Oei. New York 2020, S. 215–246, https://www.jstor.org/stable/j.ctv16zk023.8 (open access).
Dogramaci, Burcu: Toward a Migratory Turn. Art History and the Meaning of Flight, Migration and Exile, in: Handbook of Art and Global Migration. Theories, Practices and Challenges, hrsg. von Burcu Dogramaci und Birgit Mersmann. Berlin 2019, S. 17-37, https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110476675-002/html (für TU-Mitglieder*nnen lizensiert).
Said, Edward W.: Orientalismus (übersetzt von Hans Günter Holl). Frankfurt am Main 2014.