Viele relevante Ansätze der Fremdsprachendidaktik im 20. Jahrhundert, wie etwa die Grammatik-Übersetzungs-Methode oder die audiolinguale Methode, sehen den Wortschatz eher als Mittel zum Zweck und nicht als wichtiges Element des Sprachenlernens. Der Wortschatzarbeit wird bis weit in die 1980er Jahre hinein nicht hinreichend Beachtung geschenkt, erst in den beginnenden 1990er Jahren ändert sich dies langsam. Allerdings wird die Wortschatzarbeit innerhalb der sich etablierenden kommunikativen Methode eher inzidentell bearbeitet: Man geht nun davon aus, dass Wortschatz automatisch aus Kommunikationssituationen heraus gelernt wird. Zudem werden meist nur hochfrequentierte Wörter als notwendig erachtet und in den Lehrplan integriert.
Inzwischen besteht innerhalb der Fremdsprachendidaktik ein gewisser Konsens über die Relevanz der Wortschatzarbeit; allerdings wird immer noch darüber diskutiert, wie explizit dies im Unterricht behandelt werden sollte. Was innerhalb der Forschung bearbeitet wird, im Ergebnis aber noch ausstehend ist, ist eine fremdsprachendidaktische Aufarbeitung kognitionslinguistischer Theorien und eine Aufbereitung dieser für die Anwendung in Unterrichtskontexten. Als besonders vielversprechende sprach- und kognitionswissenschaftliche Grundlage gilt hier die Kognitive Linguistik. Im Sinne der Grammatikvermittlung gibt es hier schon sehr viele Fortschritte in der Forschung, die Arbeit im Bereich des Wortschatzes beginnt gerade erst. In diesem Seminar wollen wir uns mit Grundlagen der Wortschatzarbeit sowie Grundlagen der Kognitiven Linguistik beschäftigen und gemeinsam erarbeiten, wie Wortschatzarbeit in diesem Kontext potentiell aufgebaut bzw. verbessert werden kann. Dazu werden wir nach einer Aufarbeitung des Forschungsstands eigene Ideen entwickeln und in einem praxisorientierten Ansatz eigene Aufgaben und Lehrmaterialien entwickeln.
Literatur (Auswahl)
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