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Anekdoten, Geschichten, storys: Narrationen begegnen uns im Alltag auf vielfältige Weise in mündlicher, schriftlicher und multimodaler Form. In diesem Lektüreseminar lernen wir zunächst verschiedene Modelle und Aspekte linguistischer Narrationsanalysen kennen und probieren diese in kurzen Anwendungen aus. Darauf aufbauend diskutieren wir ausgewählte Studien und reflektieren das Persuasionspotenzial von Narrationen, um zuletzt selbst empirische Untersuchungen durchzuführen.
Aufbauend auf die Literaturwissenschaft und die antike Rhetorik, in der die narratio fester Bestandteil der politischen Rede ist, setzen sich mehrere linguistische Disziplinen mit diesem Phänomen auseinander: Mit Labov/Waletzky hat zunächst die Gesprächsforschung ein Analysemodell der authentischen Alltagserzählung vorgestellt, Van Dijk bettet narratives Sprechen in die Sprechakttheorie nach Grice und Searle ein und Anfang des 21. Jahrhunderts fokussiert die Kognitionswissenschaft Immersionseffekt und Identifikationspotenzial faktualer wie fiktiver Narrationen. Dieser Vielfalt theoretischer Modellierungen entspricht eine Pluralität empirischer Forschungsperspektiven: Von kognitionslinguistischen Untersuchungen des persuasiven Potenzials authentischer Augenzeug*innenberichte (Schwarz-Friesel) über Gesprächsanalysen (Norrick) bis hin zu computarisierten Korpusanalysen von Geburtsnarrativen (Bubenhofer).