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Architekturgeschichte und Denkmalpflege sind gleichermaßen angesprochen bei den zumeist emotional geführten fachinternen und öffentlichen Diskussionen über die „Rekonstruktion“. In Berlin stehen die Bauakademie und das Humboldtforum im Zentrum der Debatte – doch nicht erst in Berlin, wie schon der Heidelberger Schlossstreit um 1900 belegt, an dem führende Kunsthistoriker und Denkmalpfleger wie Georg Dehio und Cornelius Gurlitt beteiligt waren. Lüge, Kulisse, Kopie, Attrappenkult sind Begriffe, die im Kontext der Rekonstruktionsdebatten fallen. Ebenso aber auch Authentizität und Identität. Eines der beiden Ziele des Seminars ist es, anhand ausgewählter Texte die Argumente und Argumentationslinien innerhalb der Debatten nachzuvollziehen und kritisch zu reflektieren.
Darüber hinaus beschäftigt sich das Seminar mit der Visualisierung des Verlorenen, also der digitalen Rekonstruktion. Welchen Nutzen haben 3-D-Rekonstruktionen, in denen Schrift- und Bildwissen fusionieren, für die kunsthistorische Gebäudeanalyse? Welche Chancen und Grenzen zeigen sich bei ihrer Verwendung im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen? Wecken sie Begehrlichkeiten, Verlorenes nachzubauen oder befriedigen sie diese und tragen dazu bei, Rekonstruktionen entbehrlich erscheinen zu lassen? Anhand ausgewählter Beispiele, zu denen als einer der frühen Rekonstruktionsprojekte die Klosterkirche Cluny III als mit der Französischen Revolution verloren gegangener Großbau gehört, sollen Voraussetzungen, Bedingungen und wissenschaftlicher Nutzen digitaler Rekonstruktionen untersucht werden.