Entstanden im frühen 20. Jahrhundert in Deutschland, etablierte sich der Expressionismus bald als nationale, moderne Bewegung. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus wurde er jedoch zunehmend als „entartet“ diffamiert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs trugen verschiedenste Akteure der Kunstgeschichte, der Medien, des Kunstmarkts, des Museums- und Ausstellungsbetriebs zur umfassenden Rehabilitierung der expressionistischen Kunst bei.
Im Zuge der Öffnung kunsthistorischer Forschung für kritische Theorien und der historischen Aufarbeitung von deutschem Faschismus und Kolonialvergangenheit sind weithin akzeptierte Narrative über expressionistische Kunst mittlerweile infrage gestellt worden. Davon zeugen auch laufende Berliner Ausstellungen in der Neuen Nationalgalerie und im Brücke-Museum sowie das für Anfang Juni 2023 geplante Symposium Expressionism Revisited: Neue Forschungsansätze und Fragestellungen (Brücke-Museum). Im Rahmen dieser Veranstaltungen führt das Seminar in den Expressionismus ein. Wir wollen die Handlungsspielräume der Künstler im Nationalsozialismus, ihre Situation zwischen Anerkennung und „Verfemung“ sowie das Schicksal der Werke erörtern. Außerdem gilt es die Verflechtungen zwischen Expressionismus und Kolonialismus zu behandeln, in dessen Kontext die Rezeption nichtwestlicher Kulturen ein wesentlicher Bestandteil der künstlerischen Erneuerung war. Aus einer feministischen Perspektive soll schließlich nach der Darstellung von Frauen, dem Umgang mit minderjährigen Modellen und der Präsenz von Künstlerinnen in der Geschichte des Expressionismus gefragt werden.
Besuche:
· Ausstellung, Brücke-Museum: „1905: Fritz Bleyl und der Beginn der Brücke“ 11.02.2023 bis 04.06.2023
· Ausstellung, Neue Nationalgalerie: „Die Kunst der Gesellschaft 1900–1945. Sammlung der Nationalgalerie“ 22.08.2021 bis 02.07.2023
· Symposium, Brücke-Museum: „Expressionism Revisited: Neue Forschungsansätze und Fragestellungen“ 1.-3.06.2023 (die Teilnahme an der gesamten Veranstaltung wird vorausgesetzt)
Empfehlung:
· Gespräch, Neue Nationalgalerie: FREMDHEIT, Eric Otieno Sumba im Gespräch mit Alice Hasters und Aya Soika, Mi 07.06.2023 19:00 - 22:00 Uhr
Einführende Literatur
Flucht in die Bilder?: Die Künstler der Brücke im Nationalsozialismus, hrsg. von Meike Hoffmann, Lisa Marei Schmidt und Aya Soika, Ausst. Kat. Brücke-Museum Berlin, München 2019; Kirchner and Nolde: Expressionism, Colonialism, hrsg. von Sophie Tates, Ausst. Kat. SMK National Gallery of Denmark Copenhagen, Stedelijk Museum Amsterdam, Brücke-Museum Berlin, München 2021; Brücke und Blauer Reiter, hrsg. von Frédéric Bußmann, Roland Mönig, Daniel J. Schreiber, Ausst.Kat. Von der Heydt-Museum, Wuppertal, Kunstsammlungen Chemnitz, Buchheim Museum der Phantasie, Bernried am Starnberger See, Köln 2021; Sturm-Frauen: Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910-1932, hrsg. von Ingrid Pfeiffer und Max Hollein, Ausst. Kat. Schirn Kunsthalle Frankfurt, Köln 2015.
Das Seminar ist aufgrund der Vor-Ort-Termine auf 20 Teilnehmende begrenzt. Die Anmeldung erfolgt über ISIS.
