Sind Sie sich sicher?
Wenn wir von „Kubismus“, „Futurismus“, „Expressionismus“, „Konstruktivismus“, „Dadaismus“ oder „Neuer Sachlichkeit“ sprechen, versuchen wir, die Vielfalt unterschiedlicher Strömungen, die die Bildkünste in Europa zwischen 1900 und 1930 geprägt haben, zu erfassen und zu strukturieren. Anders als die Epochenbegriffe „Gotik“, „Barock“ oder „Renaissance“ sind diese Kategorien nicht nachträglich entstanden, sondern bereits in zeitgenössischen Kontexten verwendet (und dabei oft genug gegeneinander ausgespielt) worden. Zum Teil geschah dies mit Zustimmung der Künstler*innen, bisweilen auch gegen deren Willen. Was aber wird mit diesen „-ismen“ beschrieben? Wie werden sie definiert, wie angewandt? Inwiefern entsprechen sie der historischen Selbstverortung der Künstler*innen, in welchen Fällen handelt es sich um Konstrukte der Kunstkritik beziehungsweise der Kunstgeschichte? In der Vorlesung wollen wir diese und ähnliche Fragen miteinander diskutieren. Ziel ist zum einen ein Überblick über die Kunst der sogenannten „klassischen“ Moderne im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts, zum anderen eine kritische Reflexion kunsthistorischer Ordnungsmodelle. Der Titel der Veranstaltung ist der kleinen Schrift „Die Kunstismen“ entlehnt, in der die Künstler El Lissitzky und Hans Arp 1925 die konkurrierenden Richtungen präsentiert und kommentiert haben – übrigens mit kritischem Unterton: Hinter der Aufzählung stand letztlich die Hoffnung, die Pluralität der Stile zugunsten eines kommenden „Systems der Einheit“ zu überwinden. Auch diese Sehnsucht nach Einheit muss uns also beschäftigen.
BA KuWi 3, MA-Kuwi 2, MA KuWi 3a