Requiescat in Pace – Figürliche Grabplatten des Mittelalters und der frühen Neuzeit im Dom zu Brandenburg a. d. Havel
Seminar
Stephanie Schüler M. A.
BA + MA
BA-KulT KuWi 5, BA-KulT KuWi 7, MA-Kuwi 5 (SE), MA-KuWi 7a
Mittwoch, 12-14.00 Uhr c.t.
A 072
Heute fast schon ein Tabuthema, in früheren Zeiten allgegenwärtig und von zentraler Bedeutung: der Tod. Seit frühchristlicher Zeit ist der Glaube an die Wiederauferstehung nach dem Tod integraler Bestandteil der kirchlichen Lehre. Es galt, sich bereits zu Lebzeiten auf das Jenseits vorzubereiten. Dazu gehörte die Planung der ordentlichen Bestattung, nach liturgischen Maßgaben und möglichst im Innern der Kirche, sowie die Vorsorge für die eigene Memoria – beides vereint in der Markierung der Begräbnisstelle mittels eines Grabmals. Formen-, Material- und Darstellungsvielfalt sowie ihre dezidierte Funktion definieren Grabmäler als eigenständige Kunstgattung.
Das geplante Projektseminar möchte sich dieser speziellen Gattung widmen und am reichhaltigen Bestand der bisher größtenteils unerschlossenen figürlichen Grabplatten des Domes zu Brandenburg a. d. Havel Untersuchungen zur christlichen Sepulkralkunst des Mittelalters und der frühen Neuzeit im Allgemeinen, zu Biografien der Verstorbenen, zur Kostüm- und Standesgeschichte, zur Epigraphik und zu den ikonografischen Besonderheiten dieser Kunstwerke, zu (lokalen) Bestattungs- und Gedächtnistraditionen sowie damit verbundenen liturgischen Prozessen vornehmen. Ziel des Seminars ist die systematische Bestandserfassung und -erschließung einer Auswahl der im Dom vorhandenen Grabplatten. Hierzu zählen auch ganz praktische Aufgaben, wie die sorgfältige Beschreibung der Objekte, ihr Vermessen, das Anfertigen von Fotoaufnahmen oder Transkribieren von Inschriften, eine Standortkartierung und natürlich vielfältige Recherchen zur Gestaltung der Grabsteine und den auf ihnen wiedergegebenen Personen, u. a. im Domarchiv. Die Ergebnisse sollen jeweils in Objektakten münden, die dem Dommuseum eine solide Grundlage für zukünftige Bearbeitungen bieten. Unterstützt werden wir dabei durch Stefanie Krüger M. A., Mitarbeiterin am Dommuseum Brandenburg a. d. Havel.
Das Seminar besteht aus einzelnen workshopartigen Sitzungen (mittwochs 12–14 Uhr, Raum A 072) an der TU Berlin, ganztägigen Ortsterminen in Brandenburg a. d. Havel sowie eigenständig organisierten Arbeitsphasen vor den Originalen im Dom und Archiv. Zu Beginn des Kurses werden wir einen gemeinsamen Arbeitsplan unter Berücksichtigung von Erwartungen und Zielen konzipieren. Die Ergebnisse der individuellen Recherchen werden im Rahmen kurzer Werkstattberichte gemeinsam besprochen und dann zum Abschluss des Seminars präsentiert. Die Teilnahme ist aufgrund der Ortstermine auf 20 Plätze beschränkt. Die Kursanmeldung erfolgt per ISIS, alle Informationen hierzu erscheinen in Kürze auf der Webseite des Instituts unter der Rubrik „Aktuelles“.
Vorläufige ganztägige Ortstermine in Brandenburg a. d. Havel: 05.11.2025, 14.01.2026, 04.02.2026; weitere Planung der Arbeitsphasen und Termine werden in der Einführungssitzung bekannt gegeben bzw. in Absprache mit den Studierenden zu Beginn des Semesters vereinbart.
Einführende Literatur
Philippe Ariès: Geschichte des Todes, 3. Aufl., München 1987 (1. Aufl. 1982)
Ernst Badstübner: Der Dom zu Brandenburg an der Havel (= Große Kunstführer, Bd. 222), Regensburg 2006.
Kurt Bauch: Das mittelalterliche Grabbild. Figürliche Grabmäler des 11. bis 15. Jahrhunderts in Europa, Berlin u. a. 1976.
Peter Bloch: Das Bild des Menschen im Mittelalter. Herrscherbild – Grabbild – Stifterbild, in: Bilder vom Menschen in der Kunst des Abendlandes. Jubiläumsausstellung der Preußischen Museen Berlin 1830–1980, Ausst.-Kat., Nationalgalerie in Berlin 1980, Berlin 1980, S. 105–142.
Hartmut Boockmann: Die Stadt im späten Mittelalter, München 1986, Kapitel 14: Begräbnis und Totengedächtnis, S. 179–190.
Marcus Cante: Stadt Brandenburg an der Havel, Teil 1: Dominsel – Altstadt – Neustadt (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg, Bd. 1.1), Worms am Rhein 1994 (Berlin Freie Univ. Diss. 1996).
Renate Hagedorn: Zur Ikonographie von Figurengrabplatten. Deutsche Beispiele zwischen dem Ende des 11. und der Mitte des 13. Jahrhunderts, in: Matthias Puhle u. a. (Hrsg.): Erzbischof Wichmann (1152–1192) und Magdeburg im Hohen Mittelalter. Stadt – Erzbistum – Reich, Ausst.-Kat., Magdeburger Museen in Magdeburg 1992, Magdeburg 1992, S. 124–140.
Heinz-Dieter Heimann u. a. (Hrsg.): Brandenburgisches Klosterbuch. Handbuch der Klöster, Stifte und Kommenden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts (= Brandenburgische Historische Studien, Bd. 14), 2 Bde., Berlin 2010, Bd. 1, S. 229–273.
Renate Johne: Die Bischofsgräber. Brandenburger Bischöfe im Spiegel ihrer Grabplatten (= Alte Kunst im Brandenburger Dom, Bd. 2), Brandenburg (Havel) 2005.
Hans Körner: Grabmonumente des Mittelalters, Darmstadt 1977.
Erwin Panofsky: Grabplastik. Vier Vorlesungen über ihren Bedeutungswandel von Alt-Ägypten bis Bernini, Köln 1993.
Karl Schmid u. a. (Hrsg.): Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter (= Münstersche Mittelalter-Schriften, Bd. 48 / Societas et Fraternitas), München 1984.
Gerhard Schmidt: Typen und Bildmotive des spätmittelalterlichen Monumentalgrabes, in: Jörg Garms u. a. (Hrsg.): Skulptur und Grabmal des Spätmittelalters in Rom und Italien. Akten des Kongresses "Scultura e Monumento Sepolcrale del Tardo Medioevo a Roma e in Italia" (Rom, 4.–6. Juli 1985) (= Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom, 1. Abteilung, Bd. 10), Wien 1990, S. 13–82.
Rüdiger von Schnurbein: Totengedenken und Jenseitsvorsorge am Beispiel des Doms zu Brandenburg, in: Historischer Verein Brandenburg (Havel) e. V. (Hrsg.): Jahresbericht 2007–2008, Bd. 17, Brandenburg a. d. Havel 2008, S. 11–21.
Sebastian Scholz: Totengedenken in mittelalterlichen Grabinschriften vom 5. bis zum 15. Jahrhundert, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, Bd. 26., 1999, S. 37–59.