Die nachhaltige Bewahrung des kulturellen Erbes
Stefan Simon, Direktor, Rathgen-Forschungslabor, Stiftung Preußischer Kulturbesitz
s.simon@smb.spk-berlin.de
Das Seminar bietet einen disziplinübergreifenden Ansatz zur Erfassung komplexer Faktoren bei der Erhaltung des kulturellen Erbes, eine der großen Herausforderungen unserer Zeit.
Das 21. Jahrhundert sieht sich auf globaler Ebene mit Problemen beim Schutz des kulturellen Erbes konfrontiert, sei dieses materiell oder immateriell. Lösungsvorschläge müssen daher ebenfalls global konzipiert sein. Nicht nur herkömmliche Verfallsprozesse bedrohen das kulturelle und natürliche Erbe, sondern auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen. Die Welt wandelt sich zügig, und alle Bemühungen um Erhaltung müssen damit Schritt halten. Beispielsweise konnte in den letzten Jahren im Mittleren Osten und in Afrika das Phänomen kultureller „Säuberungen“ beobachtet werden. Gleichzeitig stellt der Klimawandel das kulturellen Erbes vor immer größere Herausforderungen, was die Notwendigkeit zur Entwicklung von nachhaltigen Strategien zu seiner Erhaltung unterstreicht.
Das Seminar bietet eine Einführung in diese Herausforderungen, angefangen mit einer Diskussion über das Wesen des kulturellen Erbes. Student*innen sollen darüber reflektieren, warum Gesellschaften versuchen, ihr kulturelles Erbe zu bewahren, ausgehend von einer Diskussion über Werte und Bedeutung sowie der Erfassung unterschiedlicher globaler Perspektiven auf materielle und immaterielle, bewegliche und unbewegliche Kulturgüter. Diese Untersuchungen werden unterstützt durch internationale Übereinkommen und Satzungen.
In einem zweiten Schritt werden wir die Abläufe in Augenschein nehmen, die zum Verlust von Kulturerbe führen. Themen werden dabei die zehn Faktoren des Verfalls sein, die das kanadische Conservation Institute in Ottawa erarbeitet hat, sowie chemische, physische und andere Verfallsprozesse und ihre Kinetik, menschengemachte und andere Naturkatastrophen, globaler Klimawandel und seine Folgen, illegaler Handel und Kunstraub, Fragen verschiedener Besitzansprüche und ihre Auswirkungen auf die Perspektiven der Erhaltung.
Abschließend werden wir uns mit konservatorischen Maßnahmen auseinandersetzen, angefangen bei vorbeugenden Verfahren bis hin zur Notfallplanung, die im Einzelnen gemeinsam besprochen werden. Die neuen Möglichkeiten, die die 4. Industrielle Revolution des digitalen Zeitalters eröffnet, werden in den Zusammenhängen von Bewahrung, Authentizität und Zugang diskutiert. Zusätzlich werden Fragen aus dem Bereich der Fälschungsidentifizierung und der Authentifizierung von Artefakten mit einbezogen sowie entsprechende wissenschaftliche Forschungsmethoden. Wir werden Verfahren des Risikomanagements im Hinblick auf die Erhaltung von Kulturerbe erproben sowie das mögliche Wege zu einem "grünen Museum" vor dem Hintergrund weiterer Aspekte der Nachhaltigkeit hinterfragen. In Einzel- und Gruppenarbeiten werden die Studierenden an praktischen Beispielen folgenden Fragestellungen nachgehen:
1. Die Entwicklung von Ideen zum kulturellen Erbe, was soll bewahrt werden und warum
2. Schadensverläufe und ökologisch, sozial und ökonomisch bedingte Bedrohungen des Kulturerbes
3. Nachhaltige und "grüne" Herangehensweisen zur Bewahrung des kulturellen Erbes
Bitte beachten Sie: Das Seminar wird als Blockseminar in einer Verbindung von Präsenz und Online-Modus durchgeführt. Der erste Präsenztermin ist der 19.10.2021, weitere Termine werden rechtzeitig bekanntgegeben.
Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik
Di. 16.11.21 - 15.02.22, wöchentlich, 16:00 - 18:00
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