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Seit David Émile Durkheim 1893 in ‚De la division du travail social‘ die Idee entwickelte, daß sich die moderne Gesellschaft als funktional differenziert konzipieren lasse, eine Idee, die später dann Talcott Parsons und vor allem Niklas Luhmann aufgenommen und weiterentwickelt haben, hat sich das Theorem der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft als eine Standardperspektive in der Gesellschaftstheorie etabliert. Und gerade für das 20. Jahrhundert eignete sich dieses Theorem in der Anwendung auf fortgeschrittene, postindustrielle Nationen bzw. Volkswirtschaften, die Theorem-gemäß in eine Vielzahl von Funktionsbereichen differenziert werden, die zentrale gesellschaftliche Aufgabenstellungen wahrnehmen, wie Bedürfnisbefriedigung (Wirtschaft), Erkenntnisgewinn (Wissenschaft), Erziehung (Schulen und Hochschulen), Friedenssicherung (Militär), Intimbeziehungen (Familie), Konfliktregulierung (Recht), Körperertüchtigung (Sport), Krankenbehandlung (Medizin), Letztgewißheit (Religion), Verwaltung des Gemeinwesens (Politik), um nur die wichtigsten zu nennen.
Inzwischen aber befinden wir uns im 21. Jahrhundert, und da der soziale Wandel kein Ende findet, stellt sich die Frage: Erweist sich dieses Theorem für die Analyse der gesellschaftlichen Gegenwart noch immer als zeitgemäß? Oder zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab, aufgrund zahlreich zunehmender Anomalien? Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie beschleunigt? Und welches Theorem könnte ggf. an die Stelle des bisherigen treten? Solchen Fragen wird das Seminar nachgehen.